Dienstag, 20. März 2012

Last day at Erdem


Mit einer Tasche voller selbstgebackenen Bananen-Lindor-Mandel-Muffins betrat ich letzten Freitag zum letzten Mal das ERDEM-Studio in Shoreditch. Unterwegs hatte in im West End noch ein ERDEM-Kleid vom besten Dry Cleaner der Stadt abgeholt und mir bei Marks&Spencer meinen liebsten Superwholefood-Salad geholt. Multigrain mit Blaubeeren, Mangostücken und einem herrlichen Basilikumdressing.

Der Tag verlief ruhig, bis dann kurz vor Feierabend Hektik aufkam. Warum habe ich vergessen. Trotzdem reichte es noch einen Tee für alle Praktikanten zu brauen, meine Muffins zu kosten und mich zu verdanken. Wenig später verabschiedete ich mich von den meisten und war gerade dabei, meine Sachen zusammenzupacken als Erdem auch noch aufs Parkett trat.

Wer denn hier Muffins mitgebracht habe, fragte Erdem. Ellie kam mir zuvor und erklärte, dass ich heute meinen letzten Tag habe und dass ich die Muffins selbstgemacht hätte. "Oh wow, they look delicious, kann ich zwei nehmen? Für meinen Freund!" Ich versicherte ihm, dass es genug habe und bedankte mich für die Zeit hier bei ERDEM. Er fragte mich, was meine weiteren Pläne seien und es ergab sich ein lustiges, kurzes Gespräch über Zürich, den Swiss Textiles Award* und über meine Zeit bei ERDEM.

Beschwingt machte ich mit auf den Weg nach Notting Hill Gate, wo ich Stefan und seine Arbeitskollegen traf. Wenig später stiess dann auch Lisa, meine liebe Erdem-Freundin dazu und wir zogen weiter in den neu eröffneten Blagclub, wo wir zu 90er Jahre RnB gründlich in Schwitzen kamen... Dit vas 'n groot plesiuer**



*Erdem war 2009 für den Swiss Textiles Award nominiert. Der Preis hat aber Alexander Wang abgeräumt.

**SMS von Stefans Boss Rebecca in Afrikaans

Samstag, 17. März 2012

Samstagspaziergang

Eines meiner Hobbies hier in London ist das spazieren. Eventuell haben die Londoner so auf mich abgefärbt (hier wird oft und viel zu Fuss absolviert, und zwar im Eiltempo!), oder man entdeckt einfach neue Seiten an sich selber, wenns gegen die Dreissig geht.

Ende Februar ist es wieder einmal soweit. Samstagnachmittag, strahlend blau, Frühlinsstimmung. Kurzentschlossen melde ich mich bei der Regierung ab und starte in Richtung Süd-Südost.
Ziel: Battersea Park.

Aussicht von der Battersea Bridge gegen Westen

Am Duck Pond im Park gibt es ein kleines, etwas heruntergekommenes Kaffeehäusschen. Beim Betreten kommt unweigerlich Mensastimmung auf - wirklich sehr unpassend für einen solch idyllischen Ort - und als Höhepunkt kann man dort den schlechtesten Tee und Kaffee in ganz London kaufen. Nichts desto trotz schlürfe ich die braune Brühe und geniesse die Abendstimmung am Ententeich bei einem guten Buch.



Schlusendlich bin ich mehr als zwölf Kilometer weit gewandert und kehre gutgelaunt und motiviert zurück in das kleine Kämmerchen, welches wir noch für genau elf Tage unser zu Hause nennen.
Der Countdown läuft...





Montag, 5. März 2012

FashionWeek

"Hier vorne links, dann wieder links und bei der nächsten Kreuzung rechts." Die Sonne kriecht schon den Himmel hoch, doch ich bin todmüde und möchte nur noch schlafen. "Hier ist es, vielen Dank und einen schönen Tag." Ich steige aus dem Taxi und schleppe mich hoch in den dritten Stock. Gesichtwaschen und Zähneputzen lasse ich aus, denn jede Minute Schlaf ist kostbar. Heute ist die Erdem Show! Ich kuschle mich zu Stefan und falle in einen traumlosen Schlaf. Es ist halb Acht. Zwanzig Stunden war ich im Studio und habe genäht, meistens von Hand. Die Kollektion hat viele Spitzenelemente und auch Swarovski Kristalle, die auf die Kleider aufgenäht wurden. Zu Spitzenzeiten haben wir zu siebt an einem Kleid Spitzen und Kristalle aufgenäht. Etwas nach Sechs Uhr waren wir dann fertig.
 
AW12 Erdem
Um halb 11 mussten wir vor Ort sein. Jedem von uns wurde ein Model zugeteilt, welchem wir in die Kleider helfen mussten, die Schuhe so fest wie möglich an die Füsse kleben und überprüfen, ob auch alles so ist, wie Erdem es wünscht. Die meisten Models sind natürlich auch für anderde Shows gebucht und treffen kurzfristig ein. Bei einem meiner Outfits wurde ein Accesoire direkt am Model auf das Kleid genäht. Nur Sekunden vor der Show. Es war eine elende Hektik und viel zu viele Menschen. Ich hätte mich am liebsten irgendwo verkrochen, denn mir fehlte die Kraft meine schlechte Laune zu vertuschen.

Erdem
 Doch kurz vor der Show kam dann doch noch ein Adrenalinschub und zwar für alle. Anna Wintour aka "The Devil wears Prada" aka US Vogue Editor in Chief machte ihren obligaten Backstagerundgang. Zusammen mit Erdem, der ihr die KeyPieces und KeyElements der Kollektion zeigte und erklärte, schlenderte sie von Outfit zu Outfit. Alle im Raum Anwesenden setzten ihr wunderbarstes, doch nicht zu aufdringliches Lächeln auf und versuchten flach zu atmen und dünn auszusehen. Inklusive Sarah Baur-Bächi, die sogar bei schlechtester Laune noch ein superfreundliches "hi" zu stammeln wusste und gekonnt zur Seite trat, als Anna und Erdem auf die ihr zugeteilten Outfits zusteuerten. Während ich versuchte nicht im Weg zu stehen, überlegte ich mir, wer wohl Anna's wunderschönen Pelzmantel designt hatte und konnte mir durchaus vorstellen, dass die hübschen Tierchen, die dafür ihr Fell gegeben hatten, dies sicher freiwillig gemacht hatten. So gross scheint die Macht der Anna Wintour. Etwas später trat dann noch eine weitere gefürchtete Modekritikerin backstage. Suzy Menkes. Nicht im Pelz. Man hätte sie durchaus mit einem Homeless verwechslen können.

Tweedprint Pumps by
Nicholas Kirkwood for ERDEM

 Dann gings dann aber richtig los! Mein Model zeigte das dritte und das 29te Outfit. Zusammen mit Bethan, Production Manager bei ERDEM, erwartete ich das Model nach dem ersten "Walk" so rasch wie möglich zurück. Und schon kam sie um die Ecke gehoppelt. Während Bethan ihr das Kleid auszog, machte ich mich an den Ankleboots zu schaffen. Die Beine waren mit so einem ekligen tanning Spray eingeölt, dass ich immer wieder abschlipfte. Zusammen halfen wir ihr in die Hosen, dann stülpte ihr Bethan das Top über und ich stopfte ihre Füsse in die innen vollständig mit doppelseitigem Bauklebeband bearbeiteten Pumps. Dem Top fehlte noch der Gurt. Das Model war aber schon auf dem Weg zum Lineup, so rannte ich ihr hinterher und schnallte ihr rennend noch den Gurt um. In der Schlange half Erdem noch mit dem Finish und dann war sie schon wieder auf dem Laufsteg. Ganze zehn Minuten später war der Zauber vorbei, alle Klatschten einander zu und es wurde alles wieder zusammengepackt. Eine knappe Stunde später waren wir wieder im Studio und bauten den Showroom auf und flickten Kleider.

 
Erdem in action
(1:48!)

Später, zu Hause, legte ich mich für ein paar Minuten hin, um an der Aftershow Party nicht völlig neben mir zu stehen. Nur knapp schaffte ich es an der Party aufzutauchen, doch es hatte sich gelohnt, nur schon wegen der Geheimtür, die in der Bar durch einen Wandschrank zur Privatraum zur ERDEM Party führte. Priceless!

Freitag, 2. März 2012

Hall of fame V

Hall of fame mit Dominique und Hanes

Nebst Essen, Bergen, und Bewegung fehlen uns hier in London am meisten unsere Familie und Freunde. Um so schöner wenn sie uns hier besuchen kommen!

Am Wochenende vom 10.-12. Februar haben wir das Vergnügen, Dominique & Hanes bei uns in London zu begrüssen. Sie sind die ersten Gäste, die vorgängig eine lange Liste von To Do's zusammengestellt haben, und so ist von Anfang an klar, dass wir ein strenges Wochenende vor uns haben. Und wie sich herausstellt, wird es auch das mit Abstand kälteste sein, das wir hier erleben werden.

Sie kommen am Freitagmorgen früh an und starten gleich ihre erste Tour in Richtung South Bank. Die Besichtigung des Towers wird zwar wegen teuren Eintrittspreisen bis auf weiteres verschoben. So marschieren sie via Millenium Bridge, entlang der Themse gegen Südwesten, vorbei am Tate Modern, London Eye, bis zum Big Ben und noch weiter.

1kg British Beef
Zum vereinbarten Treffpunkt in Holborn kommen Baurs zu spät. Die Central Line hat eine Störung. Stefan schwingt sich auf ein Barclay Bike und kämpft sich ab Queensway durch den Freitagabendverkehr, während Sarah die letzten zwei Stationen nach Holborn zu Fuss zurücklegt. Ganze dreissig Minuten zu spät begrüssen wir unsere lieben Freunde in London. Bevor wir unsere Reservation in einem der besten Steakhouses der Stadt wahrnehmen können, überbrücken wir die Wartezeit in einem der vielen Pubs in der Nähe. Wer in London nämlich einen Tisch in einem anständigen Restaurant zu einer würdigen Zeit möchte, weiss Tage oder sogar Wochen im Voraus zu buchen. Um 22:00h setzten wir uns endlich an unseren Tisch im Hawksmoor, speisen bestes UK-Beef und schmieden Pläne für die kommenden Tage.



Samstagmorgen, der Himmel ist stahlblau, doch es geht ein eisiger Wind, als wir die Pforten des Britisch Museum betreten. Auf dem Platz wimmelt es von asiatischen Touristen mit Fotoapparaten. Die Museen Londons sind beliebt, besonders auch weil die allermeisten gratis sind. Der Innenhof verzaubert uns mit geometrischer Architektur und die Sonne wirft wunderbare Schattenzeichnungen. Herrlich.




Doch auf uns wartet eine der grössen kulturgeschichtlichen Sammlungen überhaupt. Mumifizierte Pharaonen, aus Stein gemeisslte Griechen und Römer, indische, chinesische, japanische Sachen Objekte Dinger.
Ich (Sarah) frage mich wie die Briten zu all dem Zeugs gekommen sind...









Das Wetter zieht uns wieder nach Draussen und lädt uns auf einen Spaziergang im Hydepark ein.








Nach dem schönen Spaziergang durch den Hyde Park besuchen wir das Tate Modern und lassen uns von zeitgenössischer Kunst (contemporary art) entzücken.






Der Sonntag ist in London nur an wenigen Orten zu finden. Auch nicht im Topshop am Oxford Circus, wo man einfach mal hinein muss wenn man in London ist. Wenn sich die Augen nach der Reizüberflutung wieder erholt haben und sich das Gehirn wieder erinnert, warum und was man einkaufen möchte, findet man hier tolle Kleider, Accesoires und auch Make-Up. Wer Lust hat, kann sich auch gleich noch ein Tatoo stechen lassen oder einfach dem DJ zukucken. Im TOPMAN kommen auch Männer bestens auf ihre Rechnung.

Die Westminster Abby andererseits kennt den Sonntag noch und ist heute nur für Kirchengänger geöffnet. Da wir aber nur einen kurzen Blick in die mächtige Kirche wo Prinz William seine Catherine zur Frau genommen hat werfen wollen, lassen wir es mit dem Kirchengang sein und zeigen unseren Gästen lieber unsere Behausung.

Zu Hause in West Kensington gönnen wir uns eine kleine Stärkung und lassen uns zu viert auf unserem Bettsofaklappteil nieder, ziehen die Vorhänge und gönnen uns ein Nickerchen.
Mit neuen Kräften gehts dann auf zur HTB Bromton Road wo wir seit dem zweiten Sonntag hier in London jeweils um 7pm anzutreffen sind. Für einmal leitet Tim Hughes, der sonst in der HTB Onslow Square musiziert, den Worship. Nicky Gumbel lädt zum Alpha-Kurs ein und meint, dass die vierte Woche eine der besten sei um einzusteigen. Das hat er aber auch schon von der zweiten und dritten gesagt. Nicky Lee, Gründer des Ehe-Kurses, führt heute in eine Serie zum Thema Beziehungen ein, die über fünf Sonntage dauern soll.
 

Der Hunger führt uns später nach Chinatown, wo wir wieder einmal vor einer Londoner Reizüberflutung stehen. Zu viele Angebote, zu viel Auswahl und alles ist sehr rot hier. Wir entscheiden uns für etwas ohne tote Enten im Fenster und treten in ein eher kleineres Lokal mit hässlichem Teppichboden. Es riecht nach Chlor und Altersheim. Zu spät um umzukehren! Meine (Sarah) einzige Bedingung ist jeweils, dass ein paar Tische besetzt und Leute am essen sind. Die Bedingung ist erfüllt und wir sind auch hungrig.
Das Menu gibts sympatischerweise in
Chinesisch und Englisch sowie auch Set-Menus. Praktisch. Man ordert ein Set-Menu für vier Personen und dann kommen einfach ein paar verschiedene Vorspeisen, ein paar verschiedene Zwischenspeisen und dann ein paar verschiedene Hauptspeisen. Gleich als die charmante Chinesin orangefarbene Würmli und zwei drei andere Gerichte auf den Tisch stellt, probiert Stefan schon mal fleissig. Auch ich favorisiere ein Gericht und schöpfe schon mal gründlich davon, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob das auch Teil unseres Set-Menus ist.

 Auch die orangen Würmli, die uns allen sehr munden, scheinen uns nicht in unserem Menu erwähnt. Gerade als Stefan nachfragen will, was denn die orangen Dinger sind, greift die Chefchinesin nach den orangen Würmli sowie meinem Lieblingsgericht und serviert es ohne Schulterzucken am Tisch hinter uns. Falsche Lieferung! Stefan protestiert und meint, er mag doch die orangen Würmli, bei denen es sich übrigens um fritiertes Rindsfleisch handelt. Die Chefchinesin klopft ihm auf die Schulter und lächelt...

Und es wird Abend und wieder Montagmorgen. Stefan und Sarah sind am Fliessband, während Mistelis den Tower of London schliesslich von innen besichtigen. Wir treffen uns erst am Dienstagmorgen in Notting Hill Gate zum Abschiedsfrühstück.

Ihr lieben Mistelis, es war schön mir euch! Bis bald, eure Baurs.

Montag, 6. Februar 2012

Hall of fame IV

Hall of fame mit Sif und Elmar

Ein Tscheche und ein Biertourist besuchen London - kein Wunder, dass man sich nur noch an die Hälfte erinnert. Nun gilt es aber, wenigstens diese Hälfte hier für die Nachwelt zu dokumentieren.

Die beiden Herren erreichen ihre Unterkunft bei uns um die Ecke kurz nach Mittag. Da wir Freitags wie immer bis sechs Uhr arbeiten, beschliessen sie kurzerhand bereits die erste Touristenattraktionen zu besuchen. So fahren sie mit der District Line nach Westminster, übersehen beinahe den Big Ben und treten eine Schiffahrt auf der Themse an. Ihre Reise auf dem braun-trüben Fluss führt sie bis zur Tower Bridge, wo es dann bereits wieder auzussteigen gilt - ein teurer Spass.

Wieder an Land, ist das nächste Ziel der Tower of London, doch weit und breit ist kein Turm in Sicht. Als nämlich damals Asterix bei den Briten einen Besuch abstattete, war der Tower of London schliesslich ein richtiger Turm, nicht so eine flache Burg.

Pünktlich wie vereinnbart, treffen wir uns am Notting Hill Gate in einem nahen Pub - wobei pünktlich nicht für Stefan zutrifft. Es ist ein intensiver Arbeitstag mit vielen Problemen gewesen, sodass ich leider erst mit etwas Verspätung eintreffe und die erste Runde finanzieren muss. Eine Pint später trifft Sarah ein und wir machen uns auf den Weg ins Churchill Arms Thai Restaurant, wo wir so schnell wie noch nie ohne Reservation einen Tisch ergattern. Zeit zum essen wird beim Hinsetzen vom Personal bekannt gegeben: 1 Stunde.

Nachdem die meisten von uns etwas feines gegessen hatten (Sarah hat etwas neues probiert), besprechen wir das weitere vorgehen: Weil es schon gegen neun ist, und die allermeisten Pubs um elf die letzte Runde einläuten, ist es sinnlos noch in die Innenstadt zu fahren. Darum entschliessen wird uns spontan zu einer "Pub-Tour nach Hause" und starten im nachegelegenen Campion.




Als wir gegen halb zwei in der Nacht schliesslich im Hotel (Punkt F) ankommen, und unser gute-Nach-Bier geniessen, schreckt Stefan hoch und meldet einen verlorenen Laptop-Rucksack. Nach einem spontanen 1.5km Sprint zurück zum letzten Pub klopfe ich erfolglos an der Pubtüre. Verständlicherweise machen die Putzleute keinem Typen mit Vollbart mitten in der Nacht die Türe auf. Dummerweise hab ich dann noch eine Stunde vor dem Lokal gewartet ohne mir bewusst zu sein, dass die da drinnen deshalb aus Angst nicht nach Hause gehen. Schlimmschlimm.

Am nächsten Morgen, auf der Suche nach dem Rucksack, kann ich mich telefonisch so halb entschuldigen, erfahre aber, dass kein Rucksack gefunden wurde. Ich könnte zwar schwören, ich hatte ihn da noch. Ein telefon später konnte er dann noch ein Pub weiter zurück (Punkt D) lokalisiert und später abgeholt werden. Und weil wir um 1500 im Fussballstadion sein mussten, stelte sich Sarah als Lasteselin zur Verfügung. Sehr lieb!

Die Londoner Queen Park Rangers (3.-letzte in der Premier League) schlagen Wigan Athletics 3:1. Darauf müssen wir anstossen, und so fahren wir mit der Tube in die Stadtmitte und suchen ein Pub in Soho. Später sossen Sarah und unser Studikollege Kevin dazu. Wir essen im Pub und gehen dann später eins weiter, teilen eine Tapas-Platte und geniessen den Abend. Als nach elf dann wie gewohnt die letzte Rundevorbei ist, machen wir noch einen Abstecher in eine Cocktail-Bar. Diese kosten zwar ein paar Pfund Eintritt, dürfen aber länger öffnen. Dort runden wir den Abend ab und machen Bekanntschaft mit einem narzistischen Tänzer vor einem Spiegel, der die halbe Bar unterhält. Danach nehmen wir ein Taxi - Taxi fahren war eines der zwingenden Dinge die unsere Gäste in London machen wollten - und sagen Guet Nacht.
  
Nach spätem Frühstück um die Ecke, starteten
wir bereits zum letzten Programmpunkt dieses Wochenendes: Touristische Velotour via High Street Kensington - Hyde Park - Green Park - Buckingham Palace - St. James's Park. Die Tour endete im Giraffe Concepts Pub zu einem späten Mittagessen und einer letzten Pint. Dann traten wir die letzte Fahrt mit der Tube an und verabschiedeten uns in West Kensington. Schön wart ihr hier! Man sieht sich...





Samstag, 4. Februar 2012

wow ERDEM und weiteres aus dem Praktikanten-Alltag


Wir sind ja in diesem London Abenteuer weil ich ein Praktikum in der grossen Modewelt machen wollte. Und dass ich dabei gar nichts bis rein gar nichts verdienen würde, war uns beiden absolut klar. Anstatt um Geld würde man hier um Erfahrung und Wissen reicher. Doch seit meinem ersten und bisweilen auch letzten Post über mein Praktikum hat sich wenig verändert, jedenfalls nichts blogwürdiges.
Als ich Mitte Oktober im Production Department angefangen habe, war die Modeschau Spring/Summer 2012 soeben über den Catwalk gelaufen. Wir in der Production waren aber noch an der PreSpring 2012 bzw. schon, denn diese musste bis Mitte Dezember ausgeliefert sein. Während Sales und Press mit dem Verkauf der SS12 (Spring/Summer 12) beschäftigt waren, heckte der liebe Erdem zusammen mit seinem Designteam schon neue Pläne für die Vorherbstkollektion 12 sowie auch parallel für die Herbst/Winter 12 Kollektion aus. Die PreFall Collection 12 wurde Anfangs Januar gelauncht jedoch nicht öffentlich gezeigt, sondern nur Einkäufern in Paris, New York und London. Im Sampling werden Prototypen aus Moulure gefertig, Schnitte gezeichnet und kopiert, angepasst und abgeändert und das eigentlich immer von allen aktuellen Seasons. Sprich drei bis vier. Nebenbei laufen immer wieder Special Projects wie z.B. Hochzeitskleider für Privatkunden, exklusive Sleepwear für Net-a-porter.com oder Massanfertigungen für eitle Chefredakteurinnen von Modezeitschriften.

Während ich kurzgefasst mit Qualitätskontrollen, Schnitten und teilweise auch Nähen beschäftigt wurde, konnte ich einen Überblick über dieses Chaos erhaschen. Nebst wertvollen Erkenntnissen und Erfahrungen, kenne ich nun alle verschiedenen Printnamen (die Muster und Prints werden vom Designteam entworfen), und kann sie auch der entsprechenden Saison zuordnen. Und glaubt mir, das sind nicht wenige.

Nun sind es noch zwei Wochen bis zur nächsten FashionWeek und es gibt noch tausend Dinge zu tun. Seit etwa einer Woche bin ich im Sampling tätig, da es viel zu nähen gibt und ich ganz anständig was zusammennähen kann. (Wir haben in der Production auch eine ganze Menge Printdesign Studenten, die noch nie was genäht haben) Die Tage werden länger und länger und seit letztem Wochenende wird bis zur FashionWeek durchgearbeitet. Am Wochenende vor der Show werden alle Samstags und Sonntags arbeiten und die restlichen Wochenenden haben wir uns aufgeteilt. Letzten Sonntag habe ich schon hinter mir. Dann kommt es schon mal vor, dass Erdem persönlich für alle Essen holen geht. Zudem bekommen wir Nachtessen, wenn wir bis in den Abend hinen bleiben.

Was mich aber eigentlich zu diesem Post bewogen hat, sind die Gerüchte die schon seit ein paar Wochen zirkulieren. Internships sollten neuerdings gemäss UK-Gesetz mit dem Mindestlohn entlöhnt werden. Die einen sprachen von sofortigem in Kraft treten andere meinten, es soll spätestens im September 2012 durchgesetzt sein. Da ich mir wenig Hoffnungen machte und mir sagte, dass die sowieso ein Schlupfloch finden würden, habe ich die Sache wieder vergessen und auch nicht näher nachgeforscht. Letzten Dienstag aber, ich war gerade an der Nähmaschine, wurden wir alle in den Showroom beordert. Dort fanden wir Jen, Managing Director, die uns erklärte, dass grosse Umstrukturierungen bei ERDEM im Gange seien und sie sich entschlossen hätten, Interns, welche über ein abgeschlossenes Studium verfügten ab morgen, 1. Februar 2012 im Stundenlohn von £ 6.08 zu entlöhnen. Alle Interns, die das Praktikum als Teil ihrer Ausbildung absolvierten, erhalten ja Punkte und Noten und wären somit auch entschädigt. Das ist kurz zusammengefasst, was sie uns zu sagen hatten. Wow ERDEM, thank you very much!l


Freitag, 20. Januar 2012

Weihnachten - Heimaturlaub

Nach drei Monaten Grossstadt stehen über Weihnachten zwei volle Wochen im 100'000-Seelen-Dorf Winterthur auf dem Programm. Wir freuen uns darauf, alle unsere vermissten Freunde wieder zu sehen, die familiären Weihnachtsfeiern und die obligaten Tage beim Ausspannen auf der Isenfluh.

Die Abreise in London gestaltet sich ruhig. Gemütlich bei einem Glas Roten wird am Vorabend der Zeitplan für die Fahrt zum Flughafen besprochen. Langsam sind wir ja richtig erfahren mit dem Fliegen. Sorgfältig wird alles auf einer Serviette notiert, die dann im Restaurant gelassen wird. Beim Aufschreiben prägt man sichs am besten ein...
Am folgenden Tag wird eifrig die Wohnung mit der offenen Küche geputzt, die Koffer gepackt und der Abfall rausgebracht. Kurz vor dem Gehen läutet es an der Tür - DPD bringt ein unerwartetes Paket ohne Absender (so gross wie unser Koffer) vorbei. Einige Nachforschungen und dreissig Minuten später stellt sich heraus, dass es sich um das Weihnachtspaket von Stefans Firma handelt. Mega nett! Und unser Zeitplan ist glücklicherweise noch lange nicht in Gefahr. Also machen wir uns mit Tube und Zug auf den Weg zum Luton Airport.
Ausgerüstet mit 2 Koffern, Rucksack, Gitarre und Handtasche machen wir unterwegs noch einen kleinen Abstecher in London Downtown, um letzte Besorgungen zu tätigen. Dann geht die zweistündige Reise zum Flughafen weiter.

Angekommen, stellen wir uns hinten an der Gepäckabgabeschlange an. Es ist 5ab. Um 15ab schliesst unser Gate. Rechts von uns ist eine leere Schlange für die Leute, die sich Speedyboarding geleistet haben. Diese wird von uns gekonnt ignoriert. Als rechte Schweizer stehen bis zu letzt an... Um 16ab sind wir an der Gepäckabgabe. Flug verpasst.
Als wir wenig später im Burger King unseren Schock mit einem Double Whopper mit Käse und Speck verarbeiten stellen wir fest, dass unser Reiseplan keine Zeit für Billete kaufen, Umsteigen, Gepäckaufgabe und Gleis suchen beinhaltet hat. Blöd. Dafür freuen wir uns auf eine kurzweilige Nacht im Flughafen Gatwick, am anderen Ende der Stadt. Dort fliegen wir dann pünktlich am nächsten Morgen in die nasskühle Schweiz.

Weihnachten vergehen im Schnelldurchlauf - kein Wunder wenn man jeden Tag Wein trinkt und nur eine Mahlzeit zu sich nimmt. Ankommen, Kaffee, Schlafen, Käse-Fondue, Schlafen, Kaffee mit Freunden, Buchhaltung, Besuch bei Namics Zürich, Bier (danke fürs zahlen!), Schlafen, Kaffee mit Freunden, PC Support,  Buchhaltung, Apéro, Dominion-Session mit zu viel Wein, Schlafen, Programmieren, Weihnachtsfeier I, Schlafen, Kaffee, Backen, Weihnachtsfeier II, Schlafen, Champagner, Apéro, Steuererklärung, Weihnachtsfeier III, Schlafen.



Am 27.12. gehts dann in die Berge und wir geniessen das Berner Oberland in vollen Zügen. Viel Essen und Schlafen ist angesagt., und tagsdurch hält und der kleine Ivo mit seiner Briobahn auf trab. Ausserdem arbeitet Stefan weiterhin fleissig an der neuen Webseite für den jasse.ch Online-Jass.
Zurück im Unterland, steht natürlich der Sylvester an, den wir gemütlich mit guten Freunden beim gemeinsamen Kochen und Spielen hinter uns bringen. Ein ausgezeichnetes Ende fürs 2011!

Im neuen Jahr versuchen wir bis am 5.1 noch möglichst viel rein zu quetschen. Freunde treffen, die kaputten Computer flicken, einen Gutschein am letzten gültigen Tag einlösen, die Steuererklärung abschicken, usw. Und gestärkt durch ein letztes Fondue, machen wir uns früh genug durch das Schneegestöber auf zu Flughafen. Und bevor man sich versieht, schwebt man bereits über dem Hyde-Park (wo Sarah aus dem Flugzeugfenster ein grandioses Luftbild schiesst), und der zweite Teil unseres "Abenteuers Grossstadt" kann beginnen. Dieser beginnt dann genau gleich, wie der erste aufgehört hat: Mit einem stahlblauen, wolkenlosen Morgenhimmel inmitten von London.


Mittwoch, 4. Januar 2012

Hall of fame III


Hall of fame mit Joni

Nur eine Woche nachdem wir Rebekka und Peter verabschiedet hatten, landete mein Bruder Jonathan auf englischem Boden.

Am ersten Abend wollten wir uns nicht lumpen lassen und "bekochten" ihn mit unserem berühmten Beef Steak Tatar. In unserer offenen Küche schmiedeten wir Pläne für die kommenden Tage. Den nächsten Tag hatte ich mir frei genommen, um mit Joni London zu entdecken:
Breakfast at Notting Hill', Walking on Portobello Road, Tube to Liverpool Street, Strolling around Brick Lane, Bus to Holborn, Lunch in Soho, Cafe Boheme, Shopping on Oxford Street, Tube to Notting Hill Gate, Beer at the Champion, Thai at Churchill Arms.

 An den folgenden Tagen musste sich Joni ganz alleine durch den "Grossstadtjungel" kämpfen, während Stefan und ich wieder arbeiten mussten. Abends trafen wir uns mal Downtown für ein Steak im Angus Steak House und einmal bei uns in West Kenny in unserem liebsten SportsPub, wo alle halbwegswichtigen Spiele der Fussballwelt gezeigt werden. Auf den grossen Screens die grossen Spiele, auf den kleinen Screens die kleinen Spiele. Oder so. Ich kenn mich ja wenig aus, doch zusammen mit einem Bierchen schau ich schon mal zu wenn die Nati spielt. Der Zufall wollte es, dass an einem dieser Abende FC Basel auf ManU traf und wir uns das angekündigte Spiel des Jahres im Famous Three Kings anschauen wollten. So trotzden wir zusammen mit zwei AntiManU-Liverpoolern dem Rooney und seinen Kollegen. 90 Minuten und etwas Nervenkitzel später waren wir glücklich und etwas stolz auf Frei und Steller.

Freitagmorgen war dann irgendwie schneller als in einer besuchsfreien Woche. Bevor ich wieder in den Stollen musste und Joni seinen Rückflug antrat, genehmigten wir uns ein nettes Frühstück im Cafe Concerto in High Street Kensington. Joni, mit zwei Gipfeli und Kafi creme und ich mit Scone with Clotted Cream and Lady Grey Tea redeten uns gegenseitig Mut zu. Viel zu wenig lang später kauften wir im Whole Foods gegenüber eine Monatsration des besten Fudge und bye bye...

Wie es weiter ging und warum unsere Überraschungsparty ohne uns stattfand folgt in Bälde.





Hall of Fame II

Big Ben
Unser letzter Post liegt schon über zwei Monate zurück...Uuupsies! So einiges haben wir schon erlebt, doch das letzte Novemberwochenende war ein grosses Highlight. Rebekka & Peter haben sich sehr spontan entschieden uns zu besuchen und dank Lola Lydia*, wurde das auch möglich.

 *BestesMami, SuperGrosi, SterneKöchin uvm.






Weihnachtslichter an Oxfordstreet
Gerade als bei mir so das Heimweh aufkam, eilten Rebekka und Peter zu Hilfe, um die letzten drei Wochen vor Weihnachten zu überbrücken. Hier ist noch anzumerken, dass mich Weihnachtsbeleuchtungen aller Art und "All I want for Christmas" aus Warenhauslautsprechern an mein Jahr in Kanada erinnern, wo ich die schönste Zeit des Jahres ohne meine Familie verbringen musste.

Am Samstagmittag nahmen wir dann Hüsis bei der Gloucester Road Tube Station in Empfang, deponierten das wenige Gepäck im Hotel und stärkten uns bei Muriel's Kitchen in South Kensington. Vor uns lagen knappe eineinhalb Tage und ein Mix von Kultur, Sight Seeing, Pub, Essen, Shopping und Gemeinschaft. So schlenderten wir durch den weltberühmten Portobello Road Market in Notting Hill. Den Spaziergang rundeten wir mit einem Bier ab, bevor wir dann von einem der tollsten Londoner Features Gebrauch machten. Mit dem Barclay Cicle Hire kann man sich an einem der unzähligen SelfServiceDepot ein Velo mieten, von A nach B fahren und bei B wieder ins Depot stellen. So kurvten wir im Linksverkehr durch Notting Hill, nahmen auch mal ein Warnhupton in kauf und landeten wenig später in West Kensington, wo es nur wenige Minuten Fussmarsch zu unserem Zuhause waren. Unsere "Wohnung" war schnell besichtet und nach einem kühlen Bier und wenig Entzücken über unser Gehäuse machten wir uns auf ins KETTNER'S.

Wir genossen einen tollen Abend, bei bestem Essen, begleitet von jazzigen Klängen eines graugekittelten Herrn am weissen Flügel und charmanten Kellnern. Wunderbarst!

London Eye

Der Sonntag begrüsste uns mit blauem Himmel und Sonnenschein. Wir wagten uns Downtown, wo wir uns mit einem guten Cafe au Lait stärkten und etwas durch den Soho Square schlenderten. An der Oxford Street herrscht Kaufrausch und wir liessen uns nur wenig inspirieren, fanden aber das eine oder andere Mitbringsel. Erschöpft liessen wir uns dann in einem Pub nieder und füllten unsere leeren Energiereserven mit Fish&Chips und weiteren Pub Food Köstlichkeiten. Draussen war es schon längstens dunkel, beste Voraussetzungen für das Winterwonderland im HydePark. Was ich mir irgenwie als romantisches Wintermärchen vorgestellt hatte, erwies sich als Albanifest meets Martinimärt gekreuzt mit einer Prise Oktoberfest. Das Wonderland wollte kaum ein Ende nehmen und das Gedränge hielt bis zum allerletzten Weihnachtsramsch-Stand. Geküsst von der klaren Mondsichel und Stefans Wandereifer durchkreuzten wir den Green Park, vorbei am Buckingham Palace, weiter durch St. James' Park und schliesslich vorbei am Churchill Museum zum Big Ben. Das Wunderbare Zifferblatt nahm uns regelrecht in seinen Bann und wir können mit gutem Gewissen behaupten, dass Sight Seeing auch Nachts seine Reize hat! Zu guter Letzt und gar nicht weit vom Big Ben bestaunten wir noch das London Eye (riesiges Riesenrad, das von allen Londonern als MustSee/Do empfohlen wird, doch wenn man nachfragt war noch niemand auf dem Rad), das bestens ausgeleuchtet war und beendeten die SightSeeing-Tour mit einem Thai Curry in South Kensington.


Winterwonderland im Hyde Park



Wir konnten uns noch nicht trennen. So kauften wir vier Bier und liessen das anstrengende Wochenende im Hotelzimmer ausklingen.